Mein Name ist Erik, ich bin 28 Jahre jung und arbeite seit Februar 2023 im Team Direct Search bei der adesso SE, einem der größten IT-Dienstleister in Deutschland. Mein Team und ich sind gewissermaßen adessos interne Headhunter. In meiner Rolle verantworte ich das Active Sourcing für Rollen in den Bereichen Software Development, Software Testing/Quality Assurance und DevOps an 7 Standorten im Raum Nord-/Ostdeutschland. Privat treibe ich viel Sport und bereite mich aktuell auf meinen ersten Hyrox Wettkampf im Mai in Berlin vor.
Experteninterview Tipps und Tricks zur Kandidatensuche und KI im Active Sourcing
Was ist Active Sourcing? Tipps von einem Experten
Active Sourcing ist wie ein Theaterstück - aber welche Rolle spielt der Sourcer?
Wenn Active Sourcing ein Theaterstück ist, dann ist der Sourcer zugleich Regisseur, Casting Director und Drehbuchautor in einer Person.
Regisseur: Der Sourcer inszeniert den gesamten Prozess des Active Sourcings. Er entwickelt eine Strategie, definiert Zielgruppen und gestaltet den Ablauf so, dass die besten Talente gefunden und begeistert werden.
Casting Director: Darüber hinaus identifiziert der Sourcer passende Talente, spricht sie gezielt an und entscheidet, wer auf die „Bühne“ (also in den Auswahlprozess) eingeladen wird. Dabei achtet er nicht nur auf fachliche Qualifikationen, sondern auch darauf, dass der Kandidat zur Unternehmenskultur passt.
Drehbuchautor: Zusätzlich könnte man sagen, dass der Sourcer auch ein wenig Drehbuchautor ist, denn er formuliert kreative, individuelle Nachrichten, um potenzielle Kandidaten für das Theaterstück (das Unternehmen) zu gewinnen.
Berufliche Netzwerke: XING oder LInkedIn?
Ganz klar beides. Sowohl XING als auch LinkedIn haben ihre individuellen Vor- und Nachteile. Auch wenn XING von vielen Personen abgeschrieben wurde, bietet die Plattform beispielsweise eine Funktion, wo Besucher von Stellenanzeigen automatisch in einem Talentpool gespeichert werden, und dann gezielt angesprochen werden können. Darüber hinaus gibt es einen Aktivitätstracker, worüber man Aufschluss darüber erhält, ob eine Person aktiv auf der Plattform ist, oder ob es sich eher um ein passives Mitglied handelt. Auf der anderen Seite zeigt die Erfahrung, dass viele Mitglieder ihr XING Profil ruhen lassen, weil sie auf LinkedIn aktiver sind.
Außerdem ist die Gestaltung der Plattform sowie der Feed auf LinkedIn deutlich moderner und angenehmer im Handling. In diesem Zusammenhang ist es auch auf LinkedIn deutlich einfacher, eine attraktive Arbeitgebermarke aufzubauen und Kandidaten durch Beiträge auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen.
Hard Cracks im Active Sourcing - Erik erzählt von seinem härtesten Suchauftrag
Das war zu meiner Zeit als Werkstudent bei einem Personaldienstleister. Die große Herausforderung war, dass das Geschäftsmodell des Dienstleisters auf Arbeitnehmerüberlassung bestand. Dies war in der Kommunikation gegenüber den Kandidaten anspruchsvoll, da ANÜ mit vielen Vorurteilen behaftet ist. Darüber hinaus waren die Rollen häufig sehr produktionsnah (insbesondere Elektrotechniker und Maschinenbauingenieure), wodurch es wenig Flexibilität hinsichtlich Remote-Work gab.
Außerdem war ich zu dieser Zeit relativ neu im Sourcing und hatte wenig Erfahrung bzgl. unterschiedlicher Sourcingtechniken, Interviewführung und der Gestaltung einer guten Candidate Experience.
Tatort Active Sourcing: Welche unkonventionellen Methoden nutzt Adesso, um Top Talente aufzuspüren?

Ich nutze neben Xing und LinkedIn gerne folgende Plattformen fürs Active Sourcing: GitHub, StackOverflow, dev.to und Meetup. Darüber hinaus bin ich großer Fan der Browser Extension „AmazingHiring“, wodurch ich 50+ Netzwerke mit einem Klick auf einmal durchsuchen kann. Dies ist insbesondere für das Thema Cross Sourcing von großer Bedeutung. Ich habe auch schon einmal Kandidaten kontaktiert, nachdem sie eine Amazon Rezension verfasst oder einen Wikipedia Fachartikel bearbeitet haben. Dies ist jedoch ein eher exotischer Exkurs. Außerdem ist die Google Custom Search Engine eine echte Erleichterung in der X-Ray Suche.
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Sourcing im Zeitalter der KI - Bedrohung oder Booster für Eure Strategie?
Definitiv ein Booster. ChatGPT und Co. sind aus meinem Alltag nicht mehr wegzudenken. In diesem Zusammenhang bin ich sehr glücklich darüber, dass wir bei adesso unser eigenes adessoGPT haben. Mit unserem adessoGPT haben wir alle Funktionen verfügbar, die wir auch von OpenAI's ChatGPT kennen - nur in einem datenschutzkonformen Format, das alle Compliance-Anforderungen erfüllt.
Darüber hinaus haben unsere niederländischen Kollegen eine KI-Anwendung entwickelt, die Lebensläufe mit unseren offenen Job Vakanzen matcht. Aufgrund unseres großen Microsoft Geschäftsbereichs haben wir zudem exklusive Zugänge zu Microsoft Copilot, was inzwischen auch in vielen unserer Anwendungen integriert ist und uns den Arbeitsalltag erleichtert.
Welcher hartnäckiger Irrglaube übers Active Sourcing gehört endgültig auf dem Recruiting Schrottplatz?
Einer der hartnäckigsten Irrglauben, der 2025 endgültig auf den Recruiting-Schrottplatz gehört, ist die Annahme, dass man Recruiting/Active Sourcing einfach so nebenbei machen kann, da es nur das direkte Anschreiben von Profilen auf Karrierenetzwerken bedeutet. Active Sourcing ist so viel mehr als das Versenden von Standardnachrichten auf Karrierenetzwerken. Es geht um den Aufbau echter Beziehungen zwischen Menschen, das Verstehen individueller Bedürfnisse und das gezielte Nutzen von Daten, um die richtigen Talente zur richtigen Zeit anzusprechen – und das über verschiedene Kanäle hinweg. Erfolgreiches Sourcing kombiniert heute personalisierte Ansprache, Storytelling, Employer Branding und die intelligente Automatisierung von Prozessen.
Welche Rolle spielen interne Schulungen oder Weiterbildungen für Euer Sourcing-Team?
Eine sehr große Rolle. Wir haben einen umfangreichen Learning Guide mit hunderten von Schulungsangeboten, u.a. auch in den Bereichen Rhetorik, Kommunikation und Gesprächsführung. All diese Soft Skills sind für einen Recruiter unerlässlich, da wir einen Großteil unserer Arbeitszeit in Gesprächen mit Kandidaten und Fachbereichen verbringen.
Darüber hinaus haben wir auch zugeschnittene IT-Schulungen für Personen, die nicht aus der IT kommen. Diese Schulungsangebote sorgen dafür, dass wir als Team ein sehr gutes Verständnis für die zu besetzenden technischen Rollen bekommen, um mit den Kandidaten auf Augenhöhe sprechen zu können.
Welche Feedbacks von Kandidaten haben Euch besonders überrascht oder Euch zum Umdenken gebracht?
In meiner Anfangszeit dachte ich, dass ich sehr ausgefallene InMails schreiben muss, um auf adesso aufmerksam zu machen und aus der Masse herauszustechen. Im Zeitverlauf habe ich dann jedoch realisiert, dass eine aussagekräftige und neugierig machende Betreffzeile deutlich wichtiger ist, um Aufmerksamkeit zu erzielen, damit meine Nachricht überhaupt geöffnet wird. Selbstverständlich muss die nachfolgende InMail dann auch individualisiert gestaltet sein und den jeweiligen Kandidaten abholen, allerdings muss man auch hier nicht das Rad neu erfinden, sondern sollte auf die individuellen Stärken des Profils eingehen und warum ein Wechsel zum eigenen Unternehmen eine spannende neue Herausforderung darstellt.
Was würdet Ihr jemanden raten, der neu ins Active Sourcing einsteigen möchten?

Wer neu ins Active Sourcing einsteigt, sollte vor allem eines mitbringen: Neugier. Neugier bezüglich der zu besetzenden Positionen und der damit verbunden Anforderungen, Neugier bezüglich Recruiting Trends, Neugier bezüglich neuer Tools und Technologien und natürlich Neugier bezüglich der Kandidaten und deren Erfahrungen. Dabei ist es ebenso wichtig, offen für Neues zu bleiben, denn Trends, Tools und Plattformen verändern sich aufgrund der Digitalisierung und der damit einhergehenden neuen Technologien kontinuierlich.
Darüber hinaus erfordert Active Sourcing eine große Prise Fleiß, Durchhaltevermögen und eine proaktive Herangehensweise. Dranbleiben zahlt sich schlussendlich immer aus, auch wenn der Erfolg nicht immer sofort sichtbar ist. Eine gesunde Portion Frustrationstoleranz hilft dabei, Rückschläge zu verkraften und den Fokus zu behalten. Und wenn sich dann die ersten Erfolge einstellen, darfst du sie auch ruhig genießen – denn jede gelungene Einstellung ist der Beweis, dass sich die Mühe gelohnt hat.
Gibt es einen lustigen oder ungewöhnlichen Moment, der Euch hängengeblieben ist?
Ich hatte mal ein Kandidatenprofil, welches von zahlreichen Fachbereichen aus unterschiedlichsten Gründen abgelehnt wurde. Als ich kurz davor war, den Kandidaten über die Absage zu informieren, habe ich es noch bei einem letzten Fachbereich probiert. Auch dieser Fachbereich war zunächst skeptisch, hat sich aber anschließend zum Glück doch für ein Interview entschieden, denn schlussendlich resultierte dieser Recruitingprozess doch noch in einer Neueinstellung.
Danke für Deinen Beitrag lieber Erik! Weitere spannende Gastbeiträge gibt es in meinem Blogbeitrag.
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